#EYE218
Der Funke ist übergesprungen
31. Mai 2018
Pünktlich um 20 Uhr standen Frau Professor Forstner und ich in Graz bei einer Haltestelle, um uns auf die Reise nach Straßburg ins Europaparlament zu machen. Als der Bus dann kam, stiegen wir schnell ein und machten es uns auf dem doch sehr begrenzten Raum so gut als möglich gemütlich, wir mussten ja doch die nächsten 12 Stunden bis zur Ankunft „überstehen“. Unser Ziel war das European Youth Event, abgekürzt EYE, ein europäisches Jugendevent, bei welchen in diesem Jahr mehr als 8000 Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren teilnahmen. Es wird vom Europäischen Parlament veranstaltet und gibt jungen Menschen die Möglichkeit, aktiv an der derzeitigen Politik teilzunehmen und die Zukunft der EU mitzubestimmen. Das diesjährige Event stand unter dem Motto „Ich hoffe, dass der Plan gelingt und der Funke überspringt“.
1. Juni 2018
Nicht ganz so ausgeruht wie erhofft kamen wir gegen 8 Uhr morgens in Straßburg an. Für die nächste Stunde hieß es für uns Gepäck abgeben, Sicherheitschecks überstehen und verzweifeltes Suchen nach einem Café, in welchem wir frühstücken konnten. Danach ging es in die Straßburger Innenstadt, wo wir ein paar wichtige und durchaus interessante Gebäude wie die Universitätsbibliothek besichtigten.
Anschließend machten wir uns endlich zum EYE-Gelände auf und aufgrund der Sicherheitskontrollen befanden wir uns erst knapp eine Stunde später im Europa-Parlament, einem wirklich außergewöhnlichen Gebäude. Nach kurzen Orientierungsproblemen in diesem riesigen Haus, die wir aber schnell überwunden hatten, absolvierten wir auch schon unsere erste Themenrunde bezüglich Hass-Reden und Online-Abuse gegenüber Frauen. Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, wie viel schwerer es Frauen – im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen – in der Politik haben. Vor allem auf vielen Social Media Plattformen werden Politikerinnen nach kontroversen Auftritten viel harscher beleidigt und sogar auf verschiedenste Art und Weise bedroht.
Daraufhin folgte ein interessantes Gesangsevent, welches uns lehrte, dass man Musik nicht sprachlich verstehen muss, um den Inhalt zu begreifen. Die Sprach-Barriere wird vor allem in der Musik zerbrochen und vereint uns Menschen.
Mit dieser Aktivität war unser langer Tag aber noch lange nicht zu Ende und es ging zum nächsten Workshop, welcher vermutlich am meisten zum Nachdenken anregte. “Changemakers”, so lautete dieser, war ein Gedankenexperiment. Wir sollten uns in die Lage eines Flüchtlings versetzen, welcher fliehen muss, und konnten lediglich unsere 20 wichtigsten Dinge mitnehmen. Wir wurden weiter geschickt auf dieser Reise und nach und nach verloren wir all unsere Sachen. Nur eines dieser Dinge schaffte es schlussendlich mit in das sichere Zielland. Bei den meisten Teilnehmern dieses Experiments war das letzte “Ding” die Familie, doch viele – und so auch Frau Prof. Forstner und ich – waren der Meinung, dass Familie kein Ding sei, weshalb bei uns etwas anderes übrigblieb. In meinem Fall war es Wasser, während Frau Prof. Forstners letztes “Ding” ihre Hunde waren.
Nach diesem sehr ereignisreichen und doch sehr langen Tag gingen wir nun endlich Richtung Hotel, doch es war noch immer keine Zeit zu ruhen. Auf der Suche nach Essen stellten wir überrascht fest, dass unser Hotel in der Nähe des Straßburger Münsters und des Gutenbergplatzes gelegen war. Nach einem guten Abendessen und einige Fotos später fielen wir dann ins Bett, denn am nächsten Tag ging es turbulent weiter.
2. Juni 2018
Nach einer erholsamen Nacht waren wir endlich wieder top fit, um uns erneut auf die Aktivitäten des EYE zu stürzen. Im Europaparlament erwartete uns schon unser vorletzter Workshop: ein Rollenspiel mit dem Titel ‘Von Dungeons and Dragons zu packenden Projekten’. Wie der Name schon sagt, begaben wir uns – aufgeteilt in 4 Gruppen – in eine magische Welt. Die Geschichte dazu war folgende: Die Zauberer, welche über das Land regierten, wollten eine Mine im Wald der Elfen erbauen lassen, um die nächsten Jahre finanziell für alle abzusichern. Aufgrund der Unsicherheit, ob die Bauagentur der Goblins dem Vorschlag zustimmte, gab es bei den Bürgern der Gnome aber gemischte Meinungen und die Elfen wehrten sich strikt dagegen. So musste nun eine gemeinsame Lösung her. Nach einigen Gesprächen und Verhandlungen wurde diese auch gefunden: Es wurde ein neuer Wald-Teil für die Elfen errichtet, in welchem all ihre bedrohten Einhörner leben konnten und allen dort ansässigen Elfen wurden Jobs in den Minen angeboten. Ende gut – alles gut, doch das galt noch nicht für unseren Tag.
Ab diesem Zeitpunkt trennten sich die Wege von Frau Prof. Forstner und mir. Da wir aufgrund eines vollen Europaparlaments nur zu den Zeiten unserer Workshops reindurften, musste ich draußen warten. Alleine in dieser fremden Umgebung genoss ich das schöne und warme Wetter auf einer Wiese, auf der rund 200 andere junge Menschen den Nachmittag verbrachten. Nach 2,5 Stunden durfte ich wieder in das Europaparlament und konnte meiner letzten Aktivität nachgehen. Ein Sing-Workshop erwartete mich, der erneut zeigte, wie verbindend Musik doch ist und dass wir Menschen mithilfe der Musik so viel Charakter zeigen können, welcher uns aber auch verletzlich macht. Diese wichtige Botschaft nahm ich mir – neben ein paar Kontakten mit anderen Teilnehmern – aus diesem Schlussevent mit. Die Zeit für die Heimfahrt war nun gekommen.
Zusammengefasst war dieser Trip ein einmaliges Erlebnis. Mir wurde die Möglichkeit gegeben, nicht nur die schöne Stadt Straßburg zu besuchen, sondern auch unser Europaparlament genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich habe durch meine Workshops viel gelernt, auch wenn sie verhältnismäßig wenig mit Politik zu tun hatten. Jeder dieser Workshops vermittelte aber eine Botschaft, die es weiterzugeben gilt, und gab uns Anregungen, mehr nachzudenken, mehr zu hinterfragen oder uns einfach für das, was richtig ist, einzusetzen. #EYE2018 war großartig und gibt jungen Menschen die Chance, mehr über das Mysterium „EU“ zu erfahren.
Leonie Hofer, 6A